Urbanität

Montag, 29. April 2024 18:18

In vielen fachlichen Diskussionen bezeichne ich mich gerne als "Urbanisten": Da habe ich mir gedacht, dass es nicht schaden kann, wenn der LandschaftsArchitekt zur Sicherheit einmal genau recherchiert, was er da überhaupt erzählt.

Die erste Erkenntnis ist, dass in Wikipedia der vom lateinischen "urbs = Stadt" hergeleitete Begriff Urbanität in verschiedenen Disziplinen (Rhetorik, Geographie, Architektur und Städtebau, Soziologie) Verwendung findet.

Die Urbanistik steht für Stadtforschung und ist eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin.

Im Englischen steht "urbane" für höflich, kultiviert, weltgewandt und weltmännisch. Ich stelle fest: Ein gut gewählter Begriff.

Der Artikel „Wo Kinder am gesündesten aufwachsen“ in der Welt hat mich dazu inspiriert, über das Stadtleben weiter nachzudenken. Was macht urbanes Leben aus? Was verbindet man mit urbanem Leben? Manche würden sagen, die Vielfalt, die Toleranz, die vielen Menschen, die Bildungsmöglichkeiten, ... die Stadt kann Energie verleihen.

Andere verbinden Urbanität mit Stress, Hektik und Depressionen, ... die Stadt kann Energie entziehen.

Ich persönlich bin der Meinung: Leben und Stadt sind im Grunde ein und dasselbe. Es war schliesslich mit vielen Vorteilen verbunden Siedlungen zu gründen und das Leben gemeinsam zu organisieren. Soziale Kompetenz hat sich im Verlauf der Evolution des Menschen immer als Vorteil herausgestellt. Siehe: Clive Gamble, John Gowlett und Robin Dunbar „Evolution, Denken, Kultur. Das soziale Gehirn und die Entstehung des Menschlichen“.

Japan ist in dieser Frage aufgrund seiner hohen Bevölkerungsdichte in den Ballungsgebieten ein Experimentierfeld. Der Architekt und Theoretiker Yoshiharu Tsukamoto schafft die Voraussetzungen für die fachliche Debatte. Das Büro On Design hat mit dem Yokohama Apartment ein Projekt kreiert, in dem der Wohnungsbau auf gemeinschaftliche und kollektive Aspekte zurück geführt wird. Die Idee basiert auf einer Art "Patio", als Aufenthaltsort für die Wohngemeinschaft, von dem aus die einzelnen Apartments oder Häuser erschlossen werden.

Sein Landsmann Riken Yamamoto hat einen ähnlichen Ansatz, transformiert diesen aber bei seinem Projekt Shinonome Canal Court Block 1 in ein Hochhaus, in dem Loggien, die Funktion von urbanen Plätzen übernehmen.

Damit ist das Rad nicht neu erfunden, sondern lediglich weiter gedreht. In unserer Wahrnehmung bedeutet Urbanität immer auch Dichte. Es gibt historische Vorbilder in ausrechender Zahl. Unsere Klassiker bleiben nach wie vor:

 "Piazza di Campo" in Siena (im Titelild)

"Place de Vosges" in Paris

"La Rambla" in Barcelona