Pflanzung unter veränderten klimatischen Bedingungen

Dienstag, 30. April 2024 19:48

Der Klimawandel dominiert Nachrichten und Diskussionen. Damit will ich Sie nicht langweilen, sondern auf zwei Aspekte eingehen:


a/ Physiologisch äquivalente Temperatur

Das ist ein thermischer Index zur Kennzeichnung von Wärmebelastung, vergleichbar mit der Windchill - Temperatur für das Empfinden kühler Temperaturen, und er besagt unter anderem, dass 30° auf einem vegetationslosen und schattenfreien Platz etwas ganz anderes bedeuten können als 30° in einem Park mit Wasser und altem Baumbestand. Ein älteres, aber anschauliches und viel diskutiertes Beispiel ist der Platz an der Alten Synagoge in Freiburg. Hier gab es 2004 einen Wettbewerb, den der Stadtplaner Volker Rosenstiel zusammen mit den Landschaftsarchitekten faktorgruen gewonnen hatte.

Laut einer damaligen Untersuchung hätte sich die physiologisch äquivalente Temperatur durch die Neugestaltung und den damit verbundenen Wegfall der vorhandenen Platanen um ca. 10° erhöht. Das bedeutet, dass der messbare, temperaturmindernde Effekt eines alten Baums weniger wichtig ist, als die psychologische Wirkung eines Aufenthalts in dessen Schatten.

Das hat man dann in Freiburg auch so gesehen und die Planung angepasst.

Eine hochwertige Gestaltung und die Berücksichtigung von gefühlten Kühlungseffekten durch Vegetation dürfen kein Widerspruch sein und müssen beide miteinander funktionieren.

Bestand

Wettbewerbsbeitrag


Realisierung


Mein Lieblingsbeispiel hierzu ist der Parc Joan Miró in Barcelona, realisiert zwischen 1982 - 1986 auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofs (Parc de L''Escorxador), passenderweise direkt neben der ehemaligen Stierkampfarena. Wenn das mal keine perfekte Synergie ist.

Den meisten ist der Park wegen der 22 m hohen Miró - Skulptur Dona i Ocell (Frau und Vogel) bekannt, was für meine Überlegung aber unbedeutend ist.In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1992 wurden seinerzeit viel beachtete Stadtplätze und Parks realisiert. Der richtigen Grundidee (Verbesserung der Lebensbedingungen im hochverdichteten Raster des Cerdá- Plans) folgten leider Projekte, die mit viel Design und noch mehr Baumängeln realisiert wurden.

Beispiel: Placa de la Palmera 1980 - 1992 nach ca. 20 Jahren, Pedro Barragán (Architektur), Bernardo de Sola (Architektur) mit Richard Serra (Bildhauer)

Ganz anders der Parco Joan Miró:

Für mich ein Vorbild dafür, dass die Planer (Antoni Solanas, Marius Quintana, Beth Gali, Andreu Arriola mit Joan Miró) genau geschaut und begriffen haben, was künftige Nutzer in einer südeuropäischen Klimazone am nötigsten haben könnten: SCHATTEN!

Ich habe den Platz kurz nach seiner Fertigstellung und noch einmal vor ca. 10 Jahren gesehen. Beide mal war er voller Menschen, die einfach nichts anderes im Sinn hatten, als unter schattenspendenden Palmen, Eukalyptus und Pinien einen Moment Erholung, Spiel oder Kommunikation zu geniessen.


b/ Trockenheitsvertragende Freianlagen 

Auf der Suche nach Pflanzen für trockene Standorte ist uns eine sehr gelungene australische Internetseite aufgefallen, die sich mit dem Thema Smart Garden Watering beschäftigt.

Im Vergleich zur mittleren jährlichen Niederschlagsmenge in Deutschland von ca. 750 l / qm (Berlin: ca. 580 l / qm) fallen in Australien nur 472 l / qm (South Australia 151 l / qm). Damit die Australier überhaupt Gärten anlegen können, ohne Unmengen an Trinkwasser zur Bewässerung zu verbrauchen, wurde das Konzept des „smart garden“ entwickelt. Hierfür wurde eine Datenbank für Pflanzen mit wenig Wasserverbrauch entwickelt. Die Universität Melbourne hat umfassende Information über Pflanzen dokumentiert, durch die exakt ausgerechnet werden kann, wieviel Wasser die Pflanzen wirklich brauchen und wann sie am besten gegossen werden. Regenwassercontainer können so programmiert werden, dass nur die tatsächlich erforderliche Wassermenge der jeweiligen Pflanzen zum Giessen verwendet wird.

Die Region Berlin / Brandenburg würden wir jetzt nicht direkt mit Australien vergleichen wollen. Aber der Boden ist in den allermeisten Fällen sandig, trocken und nährstoffarm. Zudem müssen die Pflanzen neben trockenen Sommern auch noch Winter mit erheblichen Minustemperaturen überstehen.

Die Fotos stammen aus dem Artikel „Stauden für trockene Standorte“ von Doris Pöppel von der Seite Lubera.

Zusammen mit der Baumschule Lorberg aus Tremmen und der Staudenschule Förster aus Potsdam haben wir unsere Pflanzenlisten aktualisiert, um den Anforderungen in der Region Berlin / Brandenburg an ein sich veränderndes Klima in Zukunft gerecht zu werden. Dabei haben wir die sogenannte GALK - Liste der Deutschen GartenAmtsleiterKonferenz für Klimabäume als auch die KLAM - Liste der Dresdner Stadtbaumtage 2024 für Sträucher der KlimaArtenMartrix berücksichtigt. Die bisherigen Vorgaben aus Bebauungsplänen und Genehmigungsplanverfahren ausschliesslich heimische Baum- und Straucharten in Freianlagen zu verwenden, ist aus unserer Sicht nicht mehr haltbar und muss in Richtung Klimapflanzen angepasst werden.

Und es sollte nie vergessen werden: Auch Pflanzungen, die gut geplant und perfekt an Klima und Boden angepasst sind, benötigen ein Minimum an Pflege. Hierzu erlaube ich mir Peter Josef Lenné zu zitieren: "Nichts gedeiht ohne Pflege; und die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmässige Behandlung ihren Wert."